Wasseraktivitäts-
reduktion
zur Verbesserung der mikrobiellen Stabilität und Stärkung der Hautbarriere

Bei der Entwicklung kosmetischer Produkte werden KosmetikherstellerInnen vor einige Herausforderungen gestellt. Eine kosmetische Formulierung soll nicht nur wirksam und verträglich sein, sondern auch über ihre gesamte Verwendungsdauer stabil bleiben. Insbesondere die mikrobielle Stabilität spielt dabei eine bedeutende Rolle, da ein unkontrolliertes mikrobielles Wachstum schwerwiegende Folgen für die Gesundheit von Verbrauchern haben kann.

Ursachen und Folgen mikrobieller Verunreinigung

Häufig enthalten kosmetische Formulierungen ausreichend Wasser und Nährstoffe, um einen hervorragenden Nährboden für Mikroorganismen wie Bakterien, Hefen und Schimmelpilze zu bieten. Zudem werden diese meist über Monate hinweg unter feuchtwarmen und somit optimalen Wachstumsbedingungen für Keime gelagert. Begünstigt wird das Keimwachstum letztendlich auch durch den Verbraucher selbst, da das kosmetische Produkt gern mit den Fingern aus der Verpackung entnommen und somit stetig neu kontaminiert wird.

Einerseits können Mikroorganismen Farb-, Geruchs- oder Konsistenzveränderungen einer Formulierung hervorrufen. Andererseits können sie aber auch pathogen sein und vor allem bei Menschen mit einem geschwächten oder noch nicht ausgereiften Immunsystem zu gefährlichen Infektionen führen.1,2

Aktuelle Kritik an klassischen Konservierungsmitteln

Um die Qualität eines Produkts und dessen Sicherheit für Verbraucher zu gewährleisten, werden Körperpflegeprodukten bereits seit Jahrzehnten chemische Konservierungsmittel zugesetzt. Diese wirken zwar sehr zuverlässig, allerdings häufen sich Studien mit Berichten zu gängigen Konservierungsmitteln, die Hautreizungen oder allergische Reaktionen verursachen.3-5 Infolgedessen wird die Sicherheit der Konservierungsstoffe von Verbrauchern zunehmend in Frage gestellt oder deren Einsatz in kosmetischen Produkten sogar gänzlich abgelehnt. Um die kritisierten klassischen Konservierungsmittel zu ersetzen, suchen Kosmetikhersteller vermehrt nach Lösungsansätzen und alternativen Konservierungsstrategien.

Alternative Konservierungsansätze

Eine mögliche Alternative stellen selbstkonservierende Produkte dar, die auf den Prinzipien der „Hürdentechnologie“ basieren. Das Konzept wurde in den 1970er Jahren ursprünglich für die Lebensmittelindustrie zur Kontrolle des mikrobiellen Wachstums in Lebensmitteln entwickelt, kann aber auch auf die Kosmetikindustrie übertragen werden.6,7 Es handelt sich dabei um eine intelligente Kombination von Faktoren, die als Hürden für das Überleben von Keimen fungieren. Beispielsweise kann durch die Anpassung bestimmter Parameter, wie des pH-Werts oder der Wasseraktivität einer Formulierung, das mikrobielle Wachstum gehemmt werden.8

Wasseraktivität und die Bedeutung für Mikroorganismen

Die Wasseraktivität (aw) stellt eine wichtige Hürde für das Überleben von Mikroorganismen dar. Im Gegensatz zum Wassergehalt einer Formulierung, der die Gesamtmenge des Wassers einschließlich des molekular gebundenen Wassers angibt, ist der aw-Wert ein Maß für das „freie“, ungebundene Wasser in einem Produkt. Dieses ungebundene Wasser ist für Mikroorganismen frei zugänglich und kann daher zur Vermehrung genutzt werden. Eine Einschränkung der Verfügbarkeit von ungebundenem Wasser führt wiederum zu einer Verschlechterung der Ausgangsbedingungen für mikrobielles Wachstum. In der Literatur werden für verschiedene Keimarten aw-Grenzwerte beschrieben, unterhalb derer das mikrobielle Wachstum gehemmt sein soll (siehe Tabelle).9. Einige Keimarten wie z.B. Pseudomonas aeruginosa Bakterien bevorzugen eher feuchte Umgebungen, sodass bereits eine geringe aw-Wert-Senkung das Bakterienwachstum einschränken kann. Aspergillus brasiliensis Schimmelpilze hingegen sind weniger anfällig und werden erst bei niedrigeren aw-Werten im Wachstum beeinträchtigt.

aw-Grenzwerte für das Wachstum pathogener Keime9
MicroorganismsMinimum aw for growth
Pseudomonas aeruginosa0.97
Escherichia coli0.95
Staphylococcus aureus0.86
Candida albicans0.87
Aspergillus brasiliensis0.77

Die Wasseraktivitätsgrenzen können als Richtwerte angesehen werden und bei der Entwicklung und Planung von kosmetischen Rezepturen als Orientierung dienen.

Senkung der Wasseraktivität

Reines Wasser besitzt einen aw-Wert von 1. Durch die Zugabe von Soluten (hygroskopischen Stoffe wie z.B. Polyolen, Aminosäuren, Zuckern oder Salzen) wird Wasser aufgrund von zwischenmolekularen Wechselwirkungen gebunden und für Keime unzugänglich gemacht. Entsprechend wird der aw-Wert verringert. Um jedoch beispielsweise in einer Hautpflegeemulsion einen so niedrigen aw-Wert zu erreichen, dass Mikroorganismen im Wachstum beeinträchtigt werden, sind hohe Mengen wasserbindender Stoffe erforderlich. Aus diesem Grund haben wir in unserem Ansatz (Link zum Artikel: https://doi.org/10.3390/cosmetics9030053) verschiedene hygroskopische Stoffe miteinander kombiniert, die sich nicht nur zur Senkung des aw-Wertes eignen, sondern darüber hinaus als Feuchthaltemittel einen Nutzen für die Haut haben. Weiterhin wurden die vom Cosmetic Ingredient Review (CIR) empfohlenen Höchsteinsatzkonzentrationen der jeweiligen Substanzen berücksichtigt.

Alternative Konservierungsstrategie stärkt gleichzeitig die Hautbarriere

Die Senkung des aw-Wertes einer O/W Emulsion durch die Zugabe einer Solutkombination aus Natriumlaktat, Cosphaderm® Propanediol natural, Erythritol, Betaine und Sodium PCA führt zur deutlichen Verbesserung der mikrobiellen Stabilität. In Konservierungsbelastungstests, welche zur Beurteilung der antimikrobiellen Effektivität herangezogen werden, konnte eine erhebliche Reduktion potentiell pathogener Keime festgestellt werden. Zusätzlich wirkt die Solutkombination synergistisch mit unseren natürlichen Multifunctionals Cosphaderm® GMCY und Cosphaderm® Magnolia Extract 98. Bereits eine geringe Menge der Multifunctionals reicht aus, um einen zuverlässigen antimikrobiellen Schutz der Formulierung zu erzielen.10

Um die Haut vor Dehydratisierung zu schützen, haben wir uns bei den eingesetzten aw-Wert senkenden Soluten auf endogene Komponenten des Natural Moisturizing Factor (NMF) und natürliche, unbedenkliche Alternativen fokussiert. In unserer Studie10 erwies sich die aw-Wert reduzierte Formulierung mit der Solutkombination als hautbarrierestärkend: der Feuchtigkeitsgehalt im Stratum corneum (SC-Hydratation) wird gesteigert und der transepidermale Wasserverlust (TEWL) verringert (siehe Abbildung).

Studienergebnisse der TEWL- und SC-Hydratations-Messungen jeweils auf dem behandelten Unterarm (2x tägliche Anwendung der aw­­-reduzierten Formulierung) und auf der unbehandelten Seite zu zwei Messzeitpunkten: Beginn der Studie (Baseline; Kontrollwerte) und nach 4 Wochen. Die *-Symbole geben statistisch signifikante Ergebnisse an p < 0.05.10.

Somit wurde mit unserem Ansatz der Wasseraktivitätsreduktion mittels Feuchthaltemitteln eine alternative, natürliche und moderne Konservierungsstrategie mit positiver Wirkung auf die Hautbarriere entwickelt, welche die Möglichkeit bietet, die zunehmend in der Kritik stehenden traditionellen Konservierungsmittel zu ersetzen.

Sie haben weitere Fragen zu unserer entwickelten Strategie der Wasseraktivitätsreduktion oder wünschen sich eine individuelle Beratung?
Dann freuen wir uns auf Ihren Anruf oder Ihre Nachricht per Mail.

Referenzen

  1. Wilson, L.A.; Ahearn, D.G. Pseudomonas-Induced Corneal Ulcers Associated with Contaminated Eye Mascaras. J. Ophthalmol. 1977, 84, 112–119.
  2. Madani, T.A.; Alsaedi, S.; James, L.; Eldeek, B.S.; Jiman-Fatani, A.A.; Alawi, M.M.; Marwan, D.; Cudal, M.; Macapagal, M.; Bahlas, R.; et al. Serratia Marcescens-Contaminated Baby Shampoo Causing an Outbreak among Newborns at King Abdulaziz University Hospital, Jeddah, Saudi Arabia. Hosp. Infect. 2011, 78, 16–19.
  3. de Groot, A.C.; White, I.R.; Flyvholm, M.-A.; Lensen, G.; Coenraads, P.-J. Formaldehyde-Releasers in Cosmetics: Relationship to Formaldehyde Contact Allergy. Contact Dermat. 2010, 62, 2–17.
  4. García-Gavín, J.; González-Vilas, D.; Fernández-Redondo, V.; Toribo, J. Allergic Contact Dermatitis in a Girl Due to Several Cosmetics Containing Diazolidinyl-Urea or Imidazolidinyl-Urea. Contact Dermat. 2010, 63, 49–50.
  5. Carvalho, R.; Maio, P.; Amaro, C.; Santos, R.; Cardoso, J. Hydrogel Allergic Contact Dermatitis and Imidazolidinyl Urea/Diazolidinyl Urea. Ocul. Toxicol. 2011, 30, 331–332.
  6. Ballamwar, K.; Sahasrabuddhe, S.; Chafle, K. A Review: The Hurdle Technology- Self-Preservation Technology in Cosmetics. J. Sci. Res. Publ. (IJSRP) 2020, 10, 820–827.
  7. Varvaresou, A.; Papageorgiou, S.; Tsirivas, E.; Protopapa, E.; Kintziou, H.; Kefala, V.; Demetzos, C. Self-Preserving Cosmetics. J. Cosmet. Sci. 2009, 31, 163–175.
  8. Leistner, L. Basic Aspects of Food Preservation by Hurdle Technology. J. Food Microbiol. 2000, 55, 181–186.
  9. Kerdudo, A.; Fontaine-Vive, F.; Dingas, A.; Faure, C.; Fernandez, X. Optimization of Cosmetic Preservation: Water Activity Reduction. J. Cosmet. Sci. 2015, 37, 31–40.
  10. Nadarzynski, A.; Scholz, J.; Schröder, M.S. Skin Barrier Enhancing Alternative Preservation Strategy of O/W Emulsions by Water Activity Reduction with Natural Multifunctional Ingredients. Cosmetics 2022, 9, 53. https://doi.org/10.3390/cosmetics9030053
  11. Bild:https://de.freepik.com/vektoren/wasser-hintergrund“>Water background vector created by upklyak – en.freepik.com